Freitag, 9. Dezember 2016

Der "Schmerzflimmern" Schreibprozess

Marc Kemper
Mittlerweile werde ich regelmäßig gefragt, wie der Schreibprozess für meinen ersten, vollwertigen Roman "Schmerzflimmern" so ablief. Habe ich jedes Detail vorher durchgeplant? Oder habe ich einfach einen Stift in die Hand genommen und wild drauf los geschrieben, ohne zu wissen wohin die Reise geht? Oder vielleicht doch irgendwas in der Mitte?

Die Antwort sollte vor allem jeden Interessieren, der ebenfalls seinen Ideen ein Ventil geben möchte. Jeder, der Interesse daran hat, selbst mal ein Buch zu schreiben - oder generell irgend eine Form von Narrative - soll dann hier von mir erfahren, wie ich es gemacht habe.
Zunächst habe ich die Erfahrung gemacht, dass es sehr viel bringt, sich mit Erzählstrukturen auseinander zu setzen. Speziell wenn man im Sci-Fi oder Fantasy Bereich unterwegs ist, macht es stets Sinn, sich mit der "3-Arc-Structure" auseinander zusetzen, die moderne Erzählungen die nötige Linie gibt. Das kann man wie Stützräder verstehen, die einem Helfen ans Ziel zu kommen. Auch die klassische Helden-Erzählung hat sich bewehrt. Es hat einen Grund, warum Weltphänomene wie Harry Potter und Star Wars so viele Ähnlichkeiten haben. Sie alle nutzen die Schablone, die bereits Jahrhunderte alte Sagen wie z.B. die von König Artus und Excalibur unvergesslich machten.

Das sollte nun auch schon die Frage beantwortet haben, ob ich einfach nur "drauf los" geschrieben habe. Nein. Ich kann mir nämlich beim besten Willen nicht vorstellen, dass das bei meinen wirschen Gedanken zielführend sein kann. Natürlich kann man bei Schmerzflimmern nicht von einer klassischen oder vorhersehbaren Erzählung reden, doch es hat mir dennoch sehr geholfen, zu wissen wie Spannungsbögen, Subplots, Cliffhanger und Pay-Offs funktionieren.

Für Schmerzflimmern war es mir sehr wichtig, dass die Figuren lebendig und real wirken. Speziell in ihrer Beziehung zueinander darf der Leser nicht daran Zweifeln, dass es sich um tatsächlich existierende Personen handeln könnte. Auch wenn sie Superkräfte haben oder Vampire, Orks oder sonst was sind. Sie brauchen Motivation, Persönlichkeit, Ziele, Schwächen und natürlich eine Vergangenheit. Dafür habe ich, nachdem ich den groben Plan ausgeschliffen habe, was für eine Story ich erzählen möchte, für jede darin vorkommende Figur einen Steckbrief geschrieben. Je mehr Details man darin ausfüllen kann, desto besser. Selbst wenn es Informationen sind, die man im Buch gar nicht erfahren soll. Sie helfen es dem Autor, die sich abspielenden Ereignisse vor dem inneren Auge zu visualisieren. 

Dann teilt man die Geschichte auf. Wie viel Zeit möchte man mit jedem Charakter verbringen? Welche Orte und Situationen muss die Hauptfigur auf ihrem Weg besuchen/bewältigen? Während man sowas mit einer Mind-Map darstellt, fallen einem auch immer weitere Dinge ein, die man erzählen möchte. So wächst und wächst die Geschichte.

Hat man dann einen Plan und interessante Figuren, schreibt man seine Geschichte auf. Noch nicht ganz ausformuliert, aber vielleicht auf 2 Seiten in Kurzform. Mit allen wichtigen Szenen, Stationen und natürlich den dadurch vermittelten Messages. Sofern eure Geschichte sowas besitzt. Eine Moral oder ähnliches ist zwar nicht zwingend notwendig, man sollte aber stets darauf achten, dass die Hauptfiguren am Ende der Geschichte andere Personen sind, als noch zu Anfang. Wenn dieser Umstand nicht stattgefunden hat, sollte man sich fragen, ob die Geschichte überhaupt genug "Fleisch" hat, um erzählt zu werden. Geschichten sollten sich schließlich auf die Momente fixieren, die ein Leben verändert haben. 

Hat man dann sein Exposé geschrieben, wird es viel einfacher zu erkennen, aus welchen Stellen man mehr rausholen kann. So wurde in Schmerzflimmern beispielsweise ein ganzes Kapitel aus einem kleinen Absatz, den ich geschrieben habe, um eine Figur sympathischer zu machen. Ist man mit allem zufrieden, kann man anfangen zu schreiben. Scheut euch auch nicht davor, die Figuren einfach etwas "leben" und "atmen" zu lassen. Wenn ihr sie vorher mit den Steckbriefen besonders gut ausgeschmückt habt, kann es nämlich passieren, dass sie während des Schreibprozesses ab und zu ein Eigenleben entwickeln. Und dann wisst ihr, dass die Geschichte interessant wird.


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